Sonntag, 22. Juli 2007

Ein unverhofft verlängerter Aufenthalt in Rurrenabaque


Hola! Seit dem letzten Eintrag ist schon wieder einige Zeit vergangen und dieses Mal gibt es auch richtig viel zu berichten. War die letzte Woche komplett auf Reisen, wenn auch nicht ganz freiwillig. Dazu aber später. Am Freitag, den 13.7. war nämlich erst mal Betriebsausflug der Kammer angesagt. Dazu wurden alle 10 Beschäftigten in einen Kleinbus eingeladen und es ging zuerst zu einer grossen Textilfirma in La Paz, die für Ralph Lauren produziert. Wir besichtigten die Produktionsanlagen, die richtig high tech mässig ausgestattet sind. Danach gings in die subtropischen Yungas nach Coroico (wo ich auch schonmal mit dem Fahrrad runter gedüst bin), dort wurde zu Mittag gegessen und ein Mitglied der Kammer besucht: Ein Schweizer Ehepaar, welches Echinacea, Kamille und andere Kräuter anbaut, um diese dann in ihrem kleinen Labor zu Arzneien weiterzuverarbeiten. Wir wurden durch ihr grosses, idyllisches Anwesen geführt und danach zu Kaffee und Kuchen eingeladen.
Am Tag darauf, dem Samstag, startete unsere ursprünglich bis Mittwoch geplante Reise nach Rurrenabaque, in der Amazonasregion. Wir, das waren 6 deutsche Praktikanten aus La Paz: Janine, Stefanie, Verena, Charlotte, Benedikt und ich. Alleine die Anreise stellte schon ein kleines Abenteuer dar, da wir mit einer kleinen Dschungelmaschine mit 19 Sitzplätzen geflogen sind und die Landepiste in Rurre nicht geteert ist und nur aus Gras besteht - demnach war die Landung auch ziemlich hopplich...
In Rurrenabaque angekommen mussten wir uns erst einmal unseren Winterklamotten entledigen, da es sehr heiss und schwül war. Puh, das waren wir gar nicht mehr gewöhnt... Am Tag darauf starteten wir dann unsere 3tägige Pampas-Tour. Dafür mussten wir zuerst 3,5 Stunden lang mit einem Kleinbus durch die Landschaft fahren, wobei wir ganz schön durchgeschüttelt wurden. Die Strasse war nämlich quasi inexistent, da sie nur aus Erde bestand, mit riessigen Löchern und Spurrillen. Danach ging es für weitere 3 Stunden mit einem kleinen Holzboot (für die Tübinger: quasi ein Stocherkahn, jedoch mit Motor) über einen kleinen Fluss. Am Ufer konnten wir Krokodile, Schildkröten, schweineähnliche Flussratten (hab leider den Namen vergessen), viele Vögel und Affen beobachten. Teilweise fuhren wir nur mit einem Abstand von ca. 2 Meter an den Krokodilen vorbei. Diese seien jedoch relativ harmlos, da die grossen gefährlichen in nahe gelegenen Lagunen hausen und nicht am Fluss. Das haben wir dann einfach mal geglaubt... Unsere Unterkunft bestand aus Holzhütten der einfachsten Art, mit Moskitonetzen, Hängematten und Verschlägen, in welchen man sein Geschäft verrichten konnte. Strom gab es nur, wenn der Generator angeworfen worde. Am ersten Abend schauten wir uns noch von einer Aussichtsplattform den Sonnenuntergang über der Pampa an und als es dunkel wurde, gingen wir auf Krokodil-Schau. Wir liessen uns mit dem Boot den Fluss runter treiben und die Augen der Krokodile leuchten im Schein der Taschenlampe knall rot. Unser Führer hat uns dann noch ein kleines Krokodil gefangen (ca 1 Meter lang), welches wir aus der Nähe betrachten konnten.

Am nächsten Morgen ging es auf eine Wanderung durch die Pampa auf Anaconda-Suche. Mit unseren weissen Hemden, die uns vor Moskitos schützen sollten, sahen wir aus wie Ärzte auf Exkursion. Es ging durch riesige Schilffelder, durch kniehohes Wasser, durch Unterholz und durch Matsch. Unsere Guides hielten immer Ausschau nach Schlangen, die sie uns fangen konnten, leider hatten wir auf der Suche kein Glück. Auch nicht schlimm, denn wie ich gemerkt habe, bin ich ein kleiner Schisser... Dafür haben wir jedoch die Bekanntschaft mit einem Wespenschwarm gemacht, die mich erst mal ins Ohr und in den Finger gestochen haben (hat ganz schön weh getan und ist angeschwollen) und wir kamen völlig dreckig und fertig zu unserem Camp zurück. Da mussten Bene und ich erst einmal feststellen, dass unsere Reisepässe, die in einer Beintasche von Bene verstaut waren, bei der Wanderung leicht gelitten haben: Sie waren durchweicht. Zum Glück konnte man unsere Einreisestempel noch lesen und wir trockneten die Pässe mit rosa Klopapier. Deswegen hat das Papier jetzt auch nen leichten rosa Stich. Hoffe, das gibt bei der nächsten Einreise keine Probleme... Aber gut: Ein weiteres Andenken an Bolivien!
Am Nachmittag wurde uns die Möglichkeit gegeben, mit rosa Flussdelphinen zu schwimmen. Dies liess ich jedoch sein, da am Flussufer Krokodile lagen, die dort zwar auch liegen blieben, aber wie gesagt: Ich bin ein kleiner Schisser und schaute den anderen lieber vom Boot aus zu. Danach ging es zum (Cai)piranha-Fischen, was wiederum super Spass gemacht hat. Die Fische gab es dann zum Abendessen - na ja, nicht wirklich lecker... Am nächsten Morgen ging es dann noch auf einen kleinen Spaziergang durch einen Wald, in welchem uns unser Guide viel über die Pflanzen und ihre Verwendung in der Medizin erzählt hat, und nach dem Mittagessen ging es wieder zurúck nach Rurrenabaque.

Eigentlich sollten wir dann am darauffolgenden Morgen (Mittwoch) wieder nach La Paz zurück fliegen,was sich jedoch als unmöglich herausstellte. In Rurre hatte es nämlich geregnet und dadurch war die Graspiste nass, weswegen die Flugzeuge weder starten noch landen konnten. Den gesamten Mittwoch hingen wir deswegen in Rurrenabaque ab, checkten alle paar Stunden das Büro der Fluggesellschaft, die uns aber nicht wirklich weiterhelfen konnten, bzw. einfach nicht wussten, wann die Flugzeuge wieder fliegen konnten. Abends erfuhren wir dann, dass wir für Donnerstag Abend einen Platz im Flieger haben. Da für Freitag Generalstreik in La Paz angekündigt war und wir eh nicht hätten arbeiten müssen, entschieden Verena (die andere Kammerpraktikantin) und ich, unseren Aufenthalt bis Samstag zu verlängern und noch einen 2 tägigen Dschungel-Trip dranzuhängen. Muss man ja schon mal ausnutzen, wenn man unverhofft frei bekommt...
So ging es Donnerstag und Freitag in den Dschungel, mit dem Boot nen anderen Fluss in ne andere Richtung entlang - in den Nationalpark Madidi. Die Vegetation war echt der Hammer: Riesige Bäume, Farne, Lianen usw. Unser Guide ist in einem Stamm im Dschungel aufgewachsen und verfügte daher über ein grosses Wissen. Er liess uns Pflanzen und Termiten kosten, wir tranken aus Lianen, welche Wasser speichern, er baute uns in kurzer Zeit einen Speer und eine Lianen-Schaukel und suchte uns handflächen grosse Spinnen.
Am zweiten Tag ging es zu einem Papageien-Berg, wo diese Vögel in freier Wildbahn zu beobachten sind. Dazu mussten wir jedoch erst über den Beni-River schwimmen und gegen die Strömung ankämpfen - was für ein Spass! Nach dem Mittagessen ging es dann auch schon wieder zurück nach Rurrenabaque. 2 Tage Regenwald waren echt etwas kurz, es werden auch bis zu 20tägige Survival-Touren angeboten, bei welchen man weiter in den Regenwald eindringt und sich nur von Pflanzen und Tieren ernährt, welche auf dem Weg gefunden werden. Das hätte mich schon gereizt, leider fehlt mit dazu jedoch die Zeit...
Seit Samstag abend bin ich nun wieder in La Paz und hab den heutigen Sonntag mal Zeit, mich etwas zu erholen. Morgen gehts dann auch wieder ins Büro, in 1,5 Wochen fliege ich jedoch schon wieder für 9 Tage auf das Southamerican Business Forum (www.sabf.org.ar) nach Buenos Aires. Dieses ist zum Thema "Positioning Strategies for South America" und es nehmen ein Wochenende lang Studenten aus aller Welt daran teil. Wird sicher interessant. Da sich die Anreise für ein Wochenende finanziell für mich jedoch nicht gelohnt hätte, hat mir mein Chef netterweise länger frei gegeben, so dass ich nun vom 2.-11.8. in Buenos Aires sein werde. :-)
Danach bleiben dann auch nur noch 3 Wochen Praktikum...