Dienstag, 12. Juni 2007

Potosí & Sucre

Das vergangene Wochenende verbrachte ich in Potosí und Sucre. Da am Donnerstag Feiertag war, konnte ich mir am Freitag frei nehmen und die 4 Tage zum Reisen nutzen.
Mein erster Stopp war Potosí - die höchst gelegenste Grossstadt der Welt auf über 4000m Höhe. Ihre Existenz hat sie den Spaniern zu verdanken, die dort gross Silbervorkommen entdeckten, im sog. "Cerro Rico". Auch heute lebt die Stadt noch von ihren Minen und der Berg wird häufig mit einem schweizer Käse verglichen, da er mittlerweile komplett durchlöchert ist. Vor ein paar Hundert Jahren, war die Stadt sehr reich, was man noch an den vielen Kolonialgebäuden erkennen kann, die mittlerweile allerdings nicht mehr in allzu gutem Zustand sind.
Natürlich wollte ich mir auch eine Mine anschauen, was ein krasses Erlebnis war: In den Stollen, die ich besichtigt hatte, wird immer noch gearbeitet und die Arbeitsbedingungen machten mich wirklich traurig. Teilweise sind die Gänge so niedrig, dass man nicht aufrecht gehen kann, bzw. krabbeln muss. Hinzu kommt, dass die Luft sehr dünn und feucht ist, so dass einem das Atmen schwer fällt. Die meisten Minenarbeiter leben deswegen auch nicht länger als 50 Jahre. Auch arbeiten in den Minen sehr viele Kinder. Ich konnte es in der Mine nicht länger als 45 Minuten aushalten, da ich kaum Luft bekommen habe und ich mich in den engen Gängen auch nicht wirklich wohl fühlte. Zum Glück hatten wir 2 Guides, so dass der eine mich und noch ein anderes Mädel nach draussen begleiten konnte.
Angeblich kann man, nach einer amerikanischen Studie, in 8 Jahren in dem Berg auch nicht mehr arbeiten, da er dann zusammen stürzt. Dann wird Potosí eine verlassene Stadt sein, denn die "Minería" ist das hauptsächliche Einkommen der Bewohner.
In Potosí befindet sich auch das soziale Projekt der Katholischen Studentengemeinde in Tübingen, die auf dem Weihnachtsmarkt immer so schöne Strickwaren verkaufen. Letzten Winter habe ich beim Verkauf geholfen und dabei das Projekt kennengelernt. Ein weiterer Grund für mich nach Potosí zu fahren! So konnte ich die 2 Tage bei den Nonnen wohnen, die das Projekt betreuen. Die Frauen nahmen mich so herzlich auf, erzählten mir sehr viel über das Leben in Bolivien und gaben mir Einblicke in die Kultur und die Probleme des Landes. Auch führten sie mich durch ihr Viertel, welches super arm ist. Viele Häuser haben kein fliessend Wasser und es gibt keine Müllabfuhr. Die Menschen leben also mitten im Dreck. Ich wusste zwar, dass es sowas gibt, es mit eigenen Augen zu sehen war dann aber doch nochmal eine andere Sache. Alleine hätte ich gar nicht in dieses Viertel gehen können, da es zu gefährlich gewesen wäre.
Die "hermanas" engagieren sich sehr sozial in diesem Viertel. Jeden Tag gibt es ein Mittagessen für 40 Kinder, die aus den ärmsten Familien ausgewählt werden. Daneben gibt es in dem Gelände des Conventes einen kostengünstigen medizinischen Service, eine öffentliche Dusche, eine Bibliothek und einen Spielplatz. Ein weiterer Punkt ist die Nähstube, in welcher Frauen aus der Nachbarschaft die Sachen stricken, die dann in Tübingen für das Vielfache der Produktionskosten auf dem Weihnachtsmarkt verkauft werden. Die Erlöse fliessen komplett nach Potosí zurück.
An den Wochenenden gehen die Nonnen Nachmittags in das Viertel und trommeln Kinder zum Spielen zusammen. Die zwei Tage, in denen ich das alles miterleben durfte, waren auf jeden Fall sehr interessant!

Am Samstag Vormittag ging es mit dem Taxi Express weiter nach Sucre - die Hauptstadt Boliviens. Die Reise dauerte jedoch länger als erwartet, da in Sucre ein Autorennen stattfand, welches auch das Umland umfasste. So war die Zufahrtsstrasse in die Stadt gesperrt und wir mussten 1 1/2 Stunden in der Pampa in voller Sonne warten, bis wir durchgelassen wurden. Es gab natürlich keine Umleitung.
Sucre ist eine sehr schöne Stadt, mit vielen Kolonialhäuser in top Zustand. Da sich die Stadt "nur" auf 2800 m Höhe befindet, diente sie wegen ihres angenehmen Klimas früher als Wohnsitz der Frauen der in Potosi arbeitenden Spanier. Rein optisch könnte das Zentrum auch in Spanien sein. Da das Autorennen das komplette Wochenende stattfand, war die Stadt voll mit Leuten und manche Strassenzüge waren gesperrt. Deswegen konnte ich leider nicht alles sehen, was ich geplant hatte. Trotzdem bekam ich einen schönen Eindruck von der Stadt. Auch war schön, dass ich im Hostel einige nette Leute kennen gelernt habe, so dass ich nicht nur alleine unterwegs sein musste.
Am Sonntag Nachmittag ging es mit dem Flieger dann wieder zurück nach La Paz. Auch das war eine Erfahrung: Beim Check-In wollte keiner meinen Pass sehen und beim Pre-Boarding gab es keinerlei Sicherheitskontrolle. Ich hätte ohne Probleme eine Bombe mit ins Flugzeug nehmen können. Es kam mir wirklich so vor, als ob ich Bus fahren würde.

In der Kammer arbeite ich momentan an einem Exportführer mit dem gesamten Reglament, welches eine bolivianische Firma durchlaufen muss - eigentlich ganz interessant. Manchmal ist es nur verwirrend, dass auf den Seiten verschiedener Institutionen unterschiedliche Informationen zu finden sind. Viele Internetseiten wurden seit Monaten nicht aktualisiert, so dass komplett veraltete Regelungen aufgelistet sind. Das erschwert meine Arbeit natürlich ein klein wenig ...